AI-first Video Marketing: Wie Künstliche Intelligenz die Content Creation transformiert

Von der Schnittautomatisierung bis zur hyperpersonalisierten Nutzeransprache – Künstliche Intelligenz verändert die Videoproduktion fundamental. Doch wo steht die Technologie wirklich? Welche Potenziale birgt sie – und wo sind die Grenzen?
Kategorie:
Video Marketing
Lesezeit:
ca. 7 Minuten
Ein Cookie-Banner mit einem skizzierten Cookie
Wie in vielen anderen Bereichen aus, vollzieht sich auch in der Welt des Marketings derzeit ein Paradigmenwechsel: Weg von «Video supported by AI» hin zu AI-first Video Marketing. Künstliche Intelligenz beeinflusst nicht mehr nur einzelne Produktionsschritte – sie wird zum Dreh- und Angelpunkt kreativer Prozesse in Content Agenturen. Insbesondere bei datengetriebenen Kampagnen, Always-On-Strategien und hochskalierbarem Content für digitale Plattformen zeigen sich die Potenziale und Herausforderungen dieser Entwicklung.
1. Storyboarding und visuelle Vorproduktion und automatisierter Schnitt

Die Vorproduktion und Postproduktion im Video-Marketing erleben durch Künstliche Intelligenz eine grundlegende Transformation. Wo früher manuell gesichtet, transkribiert und geschnitten wurde, übernehmen heute spezialisierte AI-Tools wie Runway Gen-2, Pictory oder Descript ganze Arbeitsschritte nahezu autonom. Diese Systeme analysieren Rohmaterial, erkennen automatisch sprechende Personen, schneiden Videos basierend auf Transkripten, identifizieren die relevanten Szenen und strukturieren daraus erste Storylines oder sogar komplette visuelle Konzepte. Besonders bei Formaten mit einem hohem Output-Volumen – so wie Social Media Ads in unterschiedlichen Längen und Bildformaten – erweist sich diese Automatisierung als extremer Effizienzsprung.

Ein Trend, der besonders die visuelle Vorproduktion zusätzlich beschleunigt, ist die Text-to-Video-Generierung. Aus einem einfachen Skript oder Prompt können heute durch KI animierte Sequenzen oder realitätsnahe Videos erstellt werden, die als visuelles Konzept, Storyboard oder sogar als erste Testversion eines Werbemittels dienen. Dieser Ansatz gewinnt besonders im Prototyping an Bedeutung, etwa für Pitch-Präsentationen oder Mockups, und ist bereits im Live-Einsatz auf Plattformen mit kurzer Content-Lebensdauer wie TikTok oder Instagram zu beobachten.

Für Kreativteams bedeutet das: Die Initialphase einer Produktion – also die Phase, in der Ideen skizziert und erste Bildwelten entworfen werden – wird nicht nur beschleunigt, sondern auch visuell greifbarer und kollaborativer. Entscheidungen lassen sich anhand generierter Entwürfe frühzeitig bewerten, testen und anpassen. Damit entsteht nicht nur Effizienz, sondern auch ein Raum für agilere, iterativere Konzepte – besonders in datengetriebenen Kampagnen, in denen Testing und Optimierung nun bereits in den Kreativprozess integriert werden können.

Was früher mehrere Tage an Sichtung, Rohschnitt und Abstimmung beanspruchte, kann heute innerhalb einer stark verkürzten Zeitspanne realisiert werden – und das in Varianten, die sofort plattformgerecht ausgespielt werden können. Für Omnichannel-Kampagnen auf Kanälen wie TikTok, Instagram Reels oder YouTube Shorts mit hohem Contenbedarf ist das ein entscheidender Vorteil.

Kurzum: Die Künstliche Intelligenz verändert nicht nur, wie Videos geschnitten und vorbereitet werden – sie verschiebt den gesamten kreativen Takt. Statt linearer Produktion tritt ein dynamischer, KI-gestützter Prozess, der Content einfacher skalierbar, testfähig und gleichzeitig konzeptionell durchdacht macht.

2. Voice Cloning, AI-Sprecher und die Internationalisierung von Inhalten

AI-Voices sind heute bereits verblüffend authentisch und machen weiterhin rasant Fortschritte. Tools wie ElevenLabs oder Murf.ai ermöglichen nicht nur das Erstellen synthetischer Stimmen, sondern darüber hinaus auch Voice Cloning – also das digitale Replizieren von Stimmen realer Personen. Damit lassen sich in kürzester Zeit und zu einem vergleichsweise niedrigeren Kostenaufwand mehrsprachige Versionen von Video Content erstellen – ohne Synchronstudio oder Sprecherbuchung.

Doch der Einsatz will gut überlegt sein. Gerade im Bereich Employer Branding oder in anderen sensiblen Unternehmensbereichen, die stark von ihrer Authentizität abhängig sind, gilt es, weiterhin auf echte Sprecherstimmen zu setzen und so Glaubwürdigkeit bieten zu können.

3. Skalierbare Personalisierung durch KI und Datenintegration

Einer der grössten Gamechanger in der Medienbranche ist die datenbasierte Videopersonalisierung: AI erlaubt es, Inhalte dynamisch an Nutzerverhalten, Interessen oder Funnel-Stufen anzupassen. Unternehmen wie Synthesia oder Vidu.ai ermöglichen es, aus einer Vorlage hunderte individuelle Videos zu erzeugen – automatisiert und in Echtzeit. Was im E-Mail-Marketing längst Standard ist, erreicht mit KI nun also auch die Videowelt.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: Ein Modehändler kann beispielsweise jedem Kunden ein eigenes Video anzeigen lassen, in dem nur Produkte erscheinen, die seinem bisherigen Kauf- oder Surfverhalten entsprechen. Im Personalmarketing lässt sich potenziellen Bewerberinnen ein Video mit personalisierter Begrüssung, passenden Stellenangeboten und sogar dem Standort ihrer Wunschfiliale anzeigen. Banken nutzen KI-generierte Videos, um Neukunden persönlich durch ihre Kontoeinrichtung zu begleiten – mit namentlicher Anrede, personalisiertem Ansprechpartner und lokal relevanten Informationen.

Diese neue Form der Videopersonalisierung verändert die Werbebranche grundlegend und fordert uns zum Umdenken heraus. Klassische Produktionsabläufe stossen an ihre Grenzen – Kreativteams müssen zunehmend modular denken und Templates entwickeln, die in Hunderten Varianten ausspielbar sind. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen Kreation, Media und Technologie. Die Ausspielung von Inhalten ist nicht mehr das letzte Glied in der Kette, sondern elementarer Bestandteil des kreativen Prozesses. Zielgruppenspezifische Anpassungen – vormals Aufgabe des Medienplans – müssen heute bereits im Storyboard berücksichtigt. Zudem entstehen neue Anforderungen an die Erfolgsmessung: Kreative Leistungen werden nicht nur an ihrer gestalterischen Qualität gemessen, sondern auch an ihrer Effektivität, wie gut sie sich datengestützt personalisieren und skalieren lassen.

Was folgt daraus für unsere Branche? Agenturen und Marken, die weiterhin in linearen Produktionsstrukturen denken, verlieren immer mehr an Relevanz. Gefragt sind stattdessen agile, interdisziplinäre Teams, die kreative Exzellenz mit technologischem Verständnis und datenstrategischem Denken vereinen. AI-gestützte Personalisierung macht Video nicht nur effizienter – sie macht es zu einem adaptiven Medium, das stärker auf Nutzerbedürfnisse eingehen kann als je zuvor.

4. Herausforderungen, Grenzen und ethische Verantwortung

Genauso rasant wie sich die Möglichkeiten im AI-first Video Marketing entwickeln, treten auch die Grenzen und Risiken dieser Technologieentwicklung zutage. Trotz der beeindruckenden Fortschritte der letzten Jahre bleibt ein Fakt bestehen: Kreativität ist – zumindest derzeit – nicht automatisierbar. KI-Modelle und deren Tools können für uns in noch nie dagewesener Geschwindigkeit Inhalte generieren, strukturieren und variieren. Intuition, kulturelle Tiefe, emotionale Intelligenz und originäre Ideen entstehen jedoch nach wie vor im menschlichen Geist. Eine künstliche Intelligenz greift auf Milliarden von Datenpunkte zurück und bleibt damit immer ein Abbild von bereits existierendem. Sie versteht (noch) nicht, was einen echten «Aha»-Moment ausmacht oder wie ein feines zwischenmenschliches Signal visuell übersetzt werden muss um den entsprechen Effekt zu erzielen.

Parallel dazu stellen die Ergebnisse aus dem Technologiewandel wie etwa Deepfakes oder synthetische Avatare unsere Branche vor schwerwiegende ethische Fragen. Wenn Testimonials täuschend echt simuliert oder politische Aussagen maschinell erzeugt werden können, sehen wir uns mit Manipulation, Vertrauensverlust und juristischen Grauzonen konfrontiert. Die Differenzierung von genuinem Content und generiertem Material wird zunehmend herausfordernder – und birgt so potenziellen Folgen für Markenimage, Glaubwürdigkeit und gesellschaftliche Debattenkultur.

Auch der Datenschutz wird zu einem wachsenden, kritischen Faktor. Je feiner die Personalisierung, desto sensibler die zugrunde liegenden Daten. Video-Marketing, das auf Echtzeitdaten, Standortinformationen und Verhaltenstracking basiert, muss höchsten Standards in Bezug auf Datentransparenz, Einwilligung und Datensicherheit genügen – gerade in Märkten wie der Schweiz oder der EU mit strengen Datenschutzbestimmungen.

Vor diesem Hintergrund gewinnt der verantwortungsvolle Einsatz von KI massiv an Bedeutung und erfordert hybride Workflows: Automatisierte Prozesse werden durch menschliche Kontrolle ergänzt, ethische Leitlinien werden ein integraler Bestandteil der Projektplanung. Künstliche Intelligenz ersetzt nicht den Menschen, sondern erweitert unseren Werkzeugkoffer erheblich. Dabei gilt es folglich immer,  neue Tools nicht nur nach Effizienz, sondern auch nach gesellschaftlicher Verträglichkeit, Transparenz und strategischem Mehrwert für den Kunden zu bewerten.

Der Blick in die Zukunft zeigt: Die Rolle der KI im Video-Marketing wird weiter wachsen – insbesondere durch multimodale Systeme, die Bild, Text, Audio und Bewegtbild miteinander verknüpfen, sowie durch integrierte Workflows, bei denen die KI von der Konzeptionsphase bis zur Ausspielung mitarbeitet. Echtzeit-Feedback-Schleifen im A/B-Testing ermöglichen es, Inhalte automatisch zu optimieren, während sie laufen. Doch bei all diesen technologischen Fortschritten bleibt eines konstant: Der Mensch sitzt weiterhin am Steuer – als kreativer Entscheider, ethischer Filter und strategischer Lenker.

AI-first bedeutet also keineswegs «menschlich-zweit». Vielmehr eröffnet es die Chance, das Beste aus beiden Welten zu verbinden: die datenbasierte Effizienz intelligenter Systeme mit der visionären Kraft menschlicher Kreativität. Wer diese Verbindung beherrscht, wird das Video-Marketing der Zukunft nicht nur begleiten, sondern gestalten.

Fazit: KI ist nicht der Ersatz – sondern der Verstärker der Kreativität

AI-first Video Marketing markiert einen grundlegenden Wandel in der Art, wie Inhalte geplant, produziert und ausgespielt werden. Künstliche Intelligenz ermöglicht nicht nur mehr Effizienz, sondern eröffnet neue kreative Spielräume: vom automatisierten Schnitt über personalisierte Videoerlebnisse bis hin zu plattformoptimierten Assets in Echtzeit.

Doch mit den Möglichkeiten wachsen auch die Anforderungen – technisch, ethisch und strategisch. Wer heute erfolgreich Bewegtbild-Content mit KI gestaltet, muss nicht nur die Tools verstehen, sondern auch Verantwortung übernehmen: für Datenschutz, für Glaubwürdigkeit, für Qualität.

Die Zukunft gehört jenen, die Technologie als Werkzeug und Kreativität als Kern begreifen – und beides souverän miteinander verbinden. Nicht entweder Maschine oder Mensch – sondern das Beste aus beiden Welten.

Flavio alraun

Creative Producer | Head of

Hast Du eine Frage?

Egal ob klassisch oder mit der neuesten Technologie – Flavio ist dein Ansprechpartner, wenn es um hochwertige Videoproduktionen geht.

Icon: Pfeil nach oben